Auftakt nach Mass: Tiefgründige Kompositionen treffen zum Festivalstart auf Welthits.
Der Eröffnungsabend des 13. Stars in Town brachte mit Kings Elliot eine Festivalpremiere sowie Auftritte von Tom Odell und Passenger, die vor zehn bzw. neun Jahren schon einmal auf unserer Hauptbühne standen. Die drei Acts vereint ihre Stimmgewalt und die tiefgründigen Songs.
Kings Elliot: Kraftvoller Einstieg mit internationalem flair
Obwohl Kings Elliot in der Schweiz aufgewachsen ist, spürt man den internationalen Charakter der Künstlerin sofort. Nicht nur wechselt sie in ihren Ansagen fliessend zwischen Dialekt und Englisch (ihre Mutter ist Engländerin), auch ihre Songs, die Performance und die Ausstrahlung haben internationales Format. Vergleiche mit Billie Eilish kommen nicht von ungefähr.
When did you decide that I wasn't enough
How could you fall out of sight while I'm still falling in love (in love)
Was it the othеr night when we made up from thе fightEnough, Kings Elliot
Ihre Befürchtung, dass bei ihrem Auftritt nur ihr Vater vor der Bühne stehen würde, haben sich nicht bewahrheitet. Vielmehr zeigt sich nebst all den Besuchern auf dem Platz sogar die Sonne. Kings Elliot besticht mit einem breiten Spektrum. Unterstützt von Streichern, Piano und Schlagzeug beherrscht sie sowohl gefühlvolle Balladen, als auch Coversongs. Das beweist sie mit ihrer Interpretation des Avril-Lavigne-Klassikers «Complicated».
Tom Odell: Wenn der Konzertflügel wie ein Körperteil funktioniert
2014 brachte Tom Odell seinen Welthit Another Love bereits einmal nach Schaffhausen. Damals waren Song als auch Sänger noch ganz jung. Zehn Jahre später hat der Engländer mit zahllosen Auftritten seine Virtuosität noch gesteigert. Mit Sonnenbrille und schwarzem Sakko sieht er extrem lässig aus. Seine Finger fliegen mit spielerischer Leichtigkeit über die Tasten seines Flügels. Mal lässt er seine Stimme brüchig anklingen, mal holt er alles aus seinem Klangorgan und singt sich die Seele aus dem Leib. Nach zwei Songs weicht die Sonnenbrille während es auf dem Platz langsam dunkler wird. Mehrfach sucht Odell seinen Weg in die erste Reihe und geht mit den Fans auf Tuchfühlung.
It's Black Friday, we're in a black taxi
You take my hand and hold it gently on the middle seat
It's all in my head, it's all in my mind
I'm so selfish, you're so kindBlack Friday, Tom Odell
Nebst Klassikern wie Can’t Pretend oder Grow Old With Me liefert der Musiker mit Black Friday, dem Titeltrack des neusten Albums, ein musikalisches Feuerwerk ab. Jedem Klavierbauer dürfte ein wenig das Herz brechen, wenn der Blondschopf bei fighting fire with fire auf seinen schönen Konzertflügel steht. Aber es gibt natürlich ein sehr schönes Bild ab – und man darf auch ein Rockstar sein, wenn man vorwiegend am Klavier sitzt. Begleitet von einer fantastischen Liveband macht Tom Odell den kurzen Regenschauer vergessen, sobald er mit einem Für Elise-Intro Another Love anstimmt. Gänsehaut ist bei dieser Komposition auch nach zehn Jahren noch immer garantiert.
Passenger: Nicht Elsa, aber mindestens genauso mächtig
Man könnte meinen, ein Passenger-Konzert wäre eine besinnliche Angelegenheit. Die Zutaten sprechen dafür. Vorwiegend traurige Songs und ein Mann alleine mit seiner Akustikgitarre auf der Bühne. Bei Michael Rosenberg verhält es sich jedoch anders. Ganz selbstironisch meint er gleich zu Beginn, dass sein Problem sei, dass er nur einen SEHR bekannten Song habe. Dieser heisse Let Her Go und sei nicht zu verwechseln mit Let It Go aus dem Disney-Film Frozen. Die Ähnlichkeit habe schon für enttäuschte 12-jährige Mädchen gesorgt, welche die Eisprinzessin Elsa erwartet und stattdessen einen bärtigen Engländer vor sich hatten.
Do you remember that evening in Queenstown
Walking down by the pier?
Sun going down to the Piano Man
And the moon shining down so clearQueenstown, Passenger
How good was Tom Odell and his band? – diese Frage stellt Passenger zwischen zwei Songs. Es sei ehrlich gesagt nicht einfach, danach auf der Bühne zu stehen. Ein langer Jubelschrei aus den ersten Reihen bestärkt ihn jedoch sofort. Einen so begnadeten Geschichtenerzähler findet man definitiv nicht alle Tage. Nebst all den humoristischen Ansagen, erbittet sich der Musiker aus Brighton aber auch einen Moment der Ruhe. Dies beim Song Queenstown, einem Stück hat der Musiker während des Lockdowns geschrieben. Die Pandemie legte auch für ihn eine Vollbremsung ein. Er, der immer entweder im Studio oder auf Tour war.
Well you only need the light when it's burning low
Only miss the sun when it starts to snow
Only know you love her when you let her goLet Her Go, Passenger
Inzwischen hat es wieder zu regnen angefangen, passend dazu gibt der Barde Umbrella von Rihanna zum Besten. Ganz leger packt Passenger Let Her Go nicht ans Ende des Sets. Mit der Stimmung auf dem Höhepunkt beschenkt er die Fans, die dem prasselnden Regen trotzen, mit weiteren Perlen aus seinem Repertoire und verwandelt das Schaffhauser Publikum in seinen ganz persönlichen Chor.
Fotos: Julius Hatt, Laura Rubli
Video: absolutturnus.ch
Text: Christian Meier